05. Aug. 2020
Zunächst ist zu erwähnen, dass jeder Hörakustikmeister eine Hörgeräteanpassung bei Kindern und Jugendlichen durchführen kann. Besitzt man einen Meistertitel, ist man rein fachlich in der Lage, Erwachsene, Jugendliche und auch Kinder hörakustisch zu versorgen.
Ich persönlich habe mich in Lübeck weitergebildet. In den sechs Wochen an der Akademie ging es ausschließlich um das Thema Pädakustik (also der Fachbereich für Hörgeräteversorgungen bei Kindern vom ersten Lebensmonat an bis zum vollendeten 17. Lebensjahr). Uns wurde dort unter anderem gelehrt, was man hinsichtlich der Pädakustik im Umgang mit Kindern besonders zu beachten hat und wie wir auf die Kinder eingehen können. Es ist nämlich so, dass manche Kinder von Geburt an ein Hördefizit haben und deshalb natürlich nicht wissen, wie es ist, richtig hören zu können, was laut oder leise ist oder auch kein oder wenig Gefühl für Sprache haben. Empathie spielt an dieser Stelle eine entscheidende Rolle, denn die Geduld im Verlauf eines Hörtests beispielsweise ist bei Kindern und Jugendlichen verständlicher Weise nicht so hoch ausgeprägt, wie bei einem Erwachsenen. Auch wir Teilnehmer dieses Lehrgangs mussten das erst einmal lernen und ein Gefühl dafür bekommen.
Bei jedem Schwerhörigkeitsgrad, auch wenn nur ein einseitiger Hörverlust vorliegt, sollten Kinder und Jugendliche so früh wie möglich versorgt werden. Die frühestmögliche Erkennung und fachgerechte Behandlung von Hördefiziten sorgt für eine bestmögliche Sprachentwicklung und damit für eine bestmögliche Entwicklung des Kindes. Durch das gesetzlich vorgeschriebene Neugeborenen Screening wird ein Hördefizit oder eine Hörminderung bei Neugeborenen oft schon rechtzeitig erkannt. Wenn das Baby schläft, wird ihm (meistens bereits im Krankenhaus) ein Ton ins Ohr gegeben, der reflektiert wird. Aufgrund der Zeit, die daraufhin vergeht, kann man erkennen, ob ein Hörverlust vorhanden ist oder nicht. Wichtig ist anschließend, dass ein hundertprozentiger Ausgleich stattfindet, damit das Hörzentrum im Gehirn angeregt wird und sich Sprache und Aussprache des Kindes normal entwickeln können.
Bereits bei Neugeborenen ist das Hörorgan voll ausgebildet und entwickelt. Das Verarbeiten von Sprache, Tönen und Geräuschen beginnt aber erst mit der Geburt. Im ersten Lebensjahr eines Menschen entstehen die essenziellen Verbindungen zwischen Ohr und Gehirn und sind bis zum sechsten Lebensjahr vollends abgeschlossen. Wie bereits oben erwähnt spielt das Neugeborenen Screening deshalb eine fundamentale Rolle. Allerdings kann sich auch im Laufe der Entwicklung aus unterschiedlichen Gründen eine Hörminderung entwickeln. Die U- & J-Untersuchungen sollten daher regelmäßig wahrgenommen werden. Achten Sie darauf, ob ihr Kind „normal“ reagiert, wenn Sie es ansprechen oder es mit Geräuschen in Berührung kommt. Haben Sie das Gefühl, etwas könnte nicht stimmen, suchen Sie einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder einen Pädakustiker auf, denn die ersten Lebensjahre eines Menschen sind es, die für die Sprachentwicklung besonders wichtig sind und in denen man das Hören erst richtig erlernt. Diese entscheidenden Jahre können auch später nicht mehr nachgeholt werden.
Im-Ohr-Hörgeräte werden bei Kindern so gut wie gar nicht benutzt, da sie sehr reparaturanfällig und pflegebedürftig sind. Hinzu kommen die recht kleinen Batterien, die für Kleinkinder auch eine Gefahr darstellen können. Man gebraucht daher vornehmlich Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte, die bezogen auf Staub und Spritzwasser sehr robust sind. Die Festigkeit im Ohr wird dadurch generiert, dass man individuelle Otoplastiken (also Ohrstücke) anfertigt. So wird nicht nur ein fester Halt garantiert, sondern natürlich auch die Verlustgefahr minimiert. Für das Kind sind dann auch Sport und andere Aktivitäten problemlos und sorgenfrei, es kann sich frei entfalten.
Wichtig ist hierbei auch wieder eine perfekte Einstellung, also ein 100 %-Ausgleich. Die Hörgeräte sollten regelmäßig und fortlaufend getragen werden, d. h. immer, wenn das Kind wach ist. Darüber hinaus gilt auch für Kinder und Jugendliche alle sechs Monate eine Kontrolle beim Akustiker.
Der Halt eines Hörgerätes wird über das Ohrstück gesichert. Es existiert auch ein Kleber, der bei der zuverlässigen Befestigung des Hörgerätes hinter dem Ohr behilflich sein kann, jedoch findet dieser eher weniger Anwendung. Eine weitere Möglichkeit der zusätzlichen Sicherung ist eine Art Stirnband, mit dem man das Hörgerät bspw. beim Sport fixieren kann. Das hat den Nachteil, dass die Mikrofone abgedichtet sind und ein klarer Klang nicht mehr gewährleistet ist. Die Otoplastik und die richtige Schlauchlänge sind dort entscheidend. Wenn die Anatomie des Kindes oder des Jugendlichen akkurat in die Anpassung mit einfließt und das Hörgerät schön eng am Kopf anliegt, erreicht man damit den bestmöglichen Halt und damit auch die perfekte Sicherung.
Bei Erwachsenen spielt es eher eine Rolle, dass Hörgeräte unsichtbar bleiben. Ganz anders ist es bei Kindern und Jugendlichen. Man sucht sich oft absichtlich knallige Farben aus, die darauf aufmerksam machen, dass man ein Hörgerät trägt und darauf angewiesen ist. Die Kleinen und Jugendlichen haben also die freie Auswahl: Ob nun Glitzersteine, Aufkleber, ein pinkes oder grünes Gerät – es ist alles möglich. Sogar die Otoplastik kann verziert werden. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig, damit die Wünsche des Kindes erfüllt werden können und das Hörgerät darüber hinaus gerne, vielleicht sogar mit Stolz, getragen wird.
Hörgeräte sollen vier Jahre halten und Kinder und Jugendliche bekommen die Batterien grundsätzlich mit dazu. Die Krankenkassen übernehmen bei Kindern und Jugendlichen grundsätzliche höhere Kosten für Hörgeräte als bei einem Erwachsenen. Ein Beispiel: Ein Jugendlicher, der bei der AOK versichert ist, bekommt für beide Ohren ca. 2.300 Euro und damit eine Topversorgung. Darunter fallen auch Ohrstücke, die neueste Technik etc. Krankenkassen sind bei der Bewilligung von Kinderhörgeräten sehr kulant. Sie übernehmen sehr viel, entscheiden schnell und der generelle Prozess ist meistens sehr unkompliziert.
Ein anderer Kostenpunkt ist Zubehör, wenn sich Kinder z. B. im Unterricht befinden und sehr schwer hören/verstehen. Hier können Funkanlagen eingesetzt werden, damit der Lehrer besser verstanden werden kann, ohne störende Nebengeräusche. Auch dieses Zubehör wird bei der Krankenkasse beantragt und dann meistens in voller Höhe übernommen.
Die meisten Krankenkassen sind an dieser Stelle glücklicher Weise großzügig, damit die Kinder & Jugendlichen sich normal entwickeln können – denn darum geht es: Um eine normale Sprachentwicklung und normale Schulentwicklung. Die Kinder und Jugendlichen sollen dadurch gleichgestellt sein und nicht außen vorgelassen werden.
Als Eltern biete ich Ihnen umfassende Informationen und Beratung an. Sie erhalten von mir Antwort auf alle Fragen der Anpassung und Nutzung und über Vor- und Nachteile von Hör- und Zusatzgeräten. Sie bekommen darüber hinaus auch eine Bedienungsanleitung mit, die ich Ihnen ausreichend erläutern werde. Die Diagnose einer Hörstörung Ihres Kindes ist natürlich erst einmal eine Zeit, in der sie ganz plötzlich mit einer neuen Aufgabe und auch Herausforderung konfrontiert sind. Ich stehe Ihnen zur Seite und helfe Ihnen dabei, sich optimal durch diese Zeit zu bewegen.
Einige Literaturempfehlungen der Charité für Eltern hörgeschädigter Kinder wären die folgenden:
249 Bus Güntzelstr./Uhlandstr. - U Hohenzollernplatz U2 und U3 - U Güntzelstrasse U9
Ich bin für Sie von Mo, Di, Mi & Fr von 10:00 - 18:00 Uhr und Do von 10:00 - 15:00 Uhr erreichbar. Gern auch per Email ( hallo@kleine-hoerakustik.de ).